Bens Deutschkurs

Die Muttersprache beim Lernen nutzen

Muss ein Lehrer die Sprache seiner Schüler sprechen können?

Oder können Schüler auch gute Erfolge erzielen wenn nichts in ihrer Muttersprache erklärt wird?

Benjamin Hessler Grey
aus dem Englischen von Benjamin Hessler

Die Aufgabe des Lehrers

Beginnen wir mit einer Kurzgeschichte:

Ich liebte meine Kindergärtnerin, Frau Müller. Ich werde mich immer daran erinnern, wie sie mich sicher und willkommen fühlen ließ. Ich sah zu, wie sie Anweisungen auf Deutsch gab, ohne ein Wort davon zu verstehen, und ich machte es meinen Mitschülern nach. Wenn Frau Müller zu mir kam, sprach ich ganz ungeniert auf der Sprache, die ich zuhause hörte. Sie achtete genau auf meine Gesten, um meine Botschaft zu entschlüsseln, und lobte mich mit einem Lächeln, um meine Arbeit zu würdigen.

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Was haltet ihr von dieser Pädagogin?

Was wir in dieser Kurzgeschichte eines Kleinkindes erkennen, ist Folgendes:
Man muss nicht dieselbe Sprache sprechen, um die Liebe eines Menschen zu spüren. 

Auf zu fordernde Art und mit dem Finger zu winken und zu sagen: „Sprich Deutsch!“ oder auch sehr beliebt „Hier sprechen wir Deutsch!“, ist wenig sinnvoll. Wenn die Person eine andere Sprache besser beherrscht, dann ist das so, und wir können es mit plumpen Sätzen nicht ändern. 
In dem Maße, in dem wir kultursensible und kulturerhaltende Pädagogik einführen, geben wir die destruktive „Nur-Deutsch“-Politik auf. Diese Haltung von jedem zu fordern nur Deutsch zu sprechen, sei es im Privatleben oder im Unterricht, macht das wertvolle Kulturen teilweise unterdrückt werden. 

Das streben nach Perfektion und erziehen zum/zur „Deutschen“ unter dem Deckmantel der Integration ist gefährlich. Da wertvolle Kultur verloren geht und gerade die Vielseitigkeit unserer Gesellschaft ausmacht.

Muss also immer nur 100% Deutsch gesprochen werden? Darf der Lehrer oder auch der Schüler auch mal in seiner eigenen Sprache etwas sagen?

Der Leser wird merken, es geht hier nicht nur um das Sprachen lernen. Es geht um allgemeine Lerninhalte, wie Geschichte, Biologie etc. Hier wird nicht infrage gestellt, dass das Eintauchen in eine Sprache der beste Weg ist, eine Sprache zu lernen. So viel wie möglich einer Sprache ausgesetzt zu sein, ist immer der beste Weg sie zu lernen!

3 Punkte sollen jedoch hier zum Denken anregen und mögliche positive Aspekte zeigen:

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3 WEGE WIE MEHRSPRACHIGKEIT BEIM LERNEN HILFT

1. Beherrschung des Inhalts

Früher dachte ich, dass Schüler alle Inhalte auf Deutsch lernen müssen. Ein Konzept wie tektonische Platten bleibt jedoch unabhängig von der Sprache gleich. Wenn ich meine Schüler auf ein Bewerbungsgespräch vorbereite, weise ich sie darauf hin, dass die Verwendung eines Artikels oder eines Videos in einer anderen Sprache absolut okay ist.
Als ich mit einer Schülerin Covid-19 Statistiken analysierte, bat ich sie Statistiken aus ihrem Land, in ihrer Sprache zu suchen und vorzustellen. Klar, die Präsentation war auf Deutsch, die Analyse und Vorbereitung war jedoch in ihrer Muttersprache. Welchen Vorteil ich darin sehe? Die Präsentationen die auf selbstrecherchiertem Material in der Muttersprache basierten, enthielten meist nuanciertere und relevantere Details. Auf diese Weise können wir die Mehrsprachigkeit der Schüler würdigen und den Mythos der Sprachenhierarchie auflösen, indem wir den Schülern zeigen, dass Inhalte nicht nur in einer Sprache gelernt werden müssen.

2. Kollaboration

Das Lernen von Inhalten durch das Lesen von Artikeln in der Muttersprache funktioniert für Schüler, die mehrere Sprachen beherrschen. Schülerinnen und Schüler, die nur ihre Muttersprache sprechen und verstehen, können Inhalte auch dann lernen, wenn sie mit Mitschülern zusammenarbeiten, die dieselbe Sprache sprechen.

Ein Beispiel dazu kommt von einer Realschule:
Schülerinnen und Schüler einer gemischten Klasse mit absoluten Sprachanfängern, wurden gebeten einen Artikel über Umweltschutz auf Deutsch zu lesen. Der Lehrer ließ sie am Ende jedes Absatzes eine Pause einlegen, um über das gerade Gelesene zu sprechen und es zu verarbeiten. Vielen der Schüler:innen fiel es leichter, den Artikel zu verstehen, wenn sie in ihrer chinesischen, thailändischen oder koreanischen Lerngruppe darüber sprachen. Da Lernen eine soziale Erfahrung ist, sollten die SchülerInnen in all ihren Sprachen lernen.

3. Ideen kommunizieren

Oft haben Schüler Ideen, die ihnen im Kopf herumschwirren, aber es fällt ihnen schwer, sie auf Deutsch zu formulieren. Um diese Schüler zu unterstützen, können wir sie zunächst in ihren Herkunftssprachen brainstormen, organisieren und skizzieren lassen. Die Schüler zu zwingen, nur auf Deutsch zu schreiben oder zu sprechen, ist, als würde man ihnen Steine in den Weg legen. Das Ziel ist die Ideenfindung und die Verbindung von Konzepten, nicht die englische Ausgabe. Sobald sie alle ihre Ideen in ihren Sprachen geordnet haben, können wir die SchülerInnen dabei unterstützen, diese Ideen ins Deutsche zu übertragen.

Anhand dieser drei Ansätze zur Integration von Herkunftssprachen sehen wir, dass Lehrer nicht alle Sprachen kennen müssen, die ihre Schüler sprechen. Die Lehrkräfte müssen die Mehrsprachigkeit der Schüler nur als Vorteil sehen, der das Lernen erweitert und die Verbindungen der Schüler zu ihren Gemeinschaften aufrechterhält. In dem Maße, in dem sich Schüler durch ihre Sprachen mehr engagieren, werden unsere Augen für ihr Potenzial geöffnet.

„Man muss nicht dieselbe Sprache sprechen, um die Liebe eines Menschen zu spüren.“

Ja, viele von uns arbeiten an Orten, an denen Deutsch als Ausgangssprache für die Abschlusszeugnisse vorgeschrieben ist, und auch die staatlichen Prüfungen sind auf Deutsch. Das bedeutet jedoch nicht, dass alles, was wir als Lehrer tun, einsprachig sein muss. Betrachten Sie Sprachen als Werkzeuge. Wenn wir nur einen Hammer haben, können wir nur begrenzt konstruieren. Wenn wir die Freiheit haben, alle sprachlichen Werkzeuge unseres Werkzeugkastens zu benutzen, stellen Sie sich vor, was wir alles schaffen können.
Und schließlich: Selbst wenn wir die Sprachen unserer Schüler nicht sprechen können, schaffen wir einen Raum, in dem Werte und Kulturen anerkannt und gewürdigt werden, indem wir sie dazu einladen, diese Sprachen zu verwenden. In Jahren, wenn die Schüler vielleicht vergessen haben, was wir ihnen beigebracht haben, werden sie sich immer noch liebevoll daran erinnern, wie wir ihnen ein gutes Gefühl beim Lernen gegeben haben.

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MEIN FAZIT

Sprachen lernen funktioniert auf vielen Wegen. Man muss nicht immer alles in seiner eigenen Sprache erklärt bekommen, noch muss man auf jede Frage des Lehrers in der Zielsprache antworten. Jeder Lehrer/ Deutschlehrer sollte darauf achten von seinem Schüler nur das zu erwarten, was er auch wirklich kann. 

Um nochmals auf das eingangs erwähnte zurückzukommen: Ist es als Sprachlehrer sinnvoll die Regeln zu beachten die hauptsächlich bei Bildung in anderen Fächern und an Schulen gilt?  Definitiv. Das eine schließt das andere nicht aus. Ich denke als Lehrer egal in welchem Fach, sollte man die Schüler motivieren und begeistern können. Und wenn dieser Weg über die Muttersprache des Schülers geht, dann sollten wir diesen Weg nehmen! 

Pro-Tipp: Den einen oder anderen Witz oder netten Satz in der Muttersprache der Schüler zu kennen, zeigt persönliches Interesse und baut eine persönlichere Bindung.  

Ich persönlich versuche auch oft schüchterne Schüler zu motivieren, indem ich sie nach einer Antwort in ihrer Sprache frage. Das bricht oft das Eis und die Scham zu sprechen. 

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Hier findest du den Original-Artikel in englischer Sprache.

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