„Kinder sprechen ganz leicht neue Sprachen.“ „Wenn ich wieder ein Kind sein könnte, dann würde ich viel mehr Sprachen lernen!“
Vielleicht hast du das schon gedacht. Aber ist es wirklich wahr? Oder einfach nur eine gängige Meinung und ein Klischee?
Vielleicht erinnerst du dich an die Mühe die es macht Deutsch zu lernen. Und wenn man dann sieht wie Kinder im Kindergarten 2-3 Sprachen sprechen, könnte man leicht zu dem Schluss kommen, dass es am besten ist, sehr früh anzufangen. Aber was ist wirklich das beste Alter um eine Sprache zu lernen?
Was sagt die Wissenschaft?
Die Wissenschaft bietet ein komplexes Bild davon, wie sich unsere Beziehung zu Sprachen im Laufe eines Lebens entwickelt, und es gibt viel, was auch Spätstarter im höheren Alter noch Mut machen kann!
Generell gilt: verschiedene Lebensabschnitte bringen uns unterschiedliche Vorteile beim Sprachenlernen.
Als Babys haben wir ein besseres Ohr für verschiedene Geräusche, und als Kleinkinder können wir mit erstaunlicher Geschwindigkeit einheimische Akzente aufnehmen.
Als Erwachsene haben wir jedoch eine längere Aufmerksamkeitsspanne und entscheidende Fähigkeiten, wie z. B. das Lesen und Schreiben, die es uns ermöglichen, unseren Wortschatz ständig zu erweitern, sogar in unserer eigenen Sprache.
Abgesehen davon gibt es eine Vielzahl von Faktoren jenseits des Alters. Zum Beispiel soziale Umstände, Lehrmethoden und sogar Liebe und Freundschaft, können beeinflussen, wie viele Sprachen wir sprechen und wie gut wir sie sprechen.
„Nicht alles wird mit dem Alter schlechter“, sagt Antonella Sorace, Professorin für Sprachentwicklung und Direktorin des Centre for Bilingualism Issues an der Universität von Edinburgh, Schottland.
Als Beispiel nennt sie das sogenannte „explizite Lernen“: das Erlernen einer Sprache in einem Klassenzimmer, in dem ein Lehrer die Regeln erklärt.
„Kleine Kinder sind sehr schlecht im expliziten Lernen, weil sie nicht über die kognitive Kontrolle und die notwendigen Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfähigkeiten verfügen“, erklärt Sorace. Erwachsene können das viel besser. „Das kann etwas sein, das sich mit dem Alter verbessert“, bemerkt sie.
Eine Studie von Forschern in Israel hat zum Beispiel herausgefunden, dass Erwachsene besser darin sind, die Regeln einer künstlichen Sprache zu verstehen und sie in einer Laborumgebung auf neue Wörter anzuwenden. Dazu verglichen die Wissenschaftler drei verschiedene Gruppen: 8-Jährige, 12-Jährige und junge Erwachsene. Die Erwachsenen schnitten besser ab als die beiden jüngeren Gruppen, und auch die 12-Jährigen schnitten besser ab als die Jüngeren.
Dies deckte sich mit den Ergebnissen einer Langzeitstudie mit fast 2.000 zweisprachigen (Katalanisch und Spanisch sprechenden) Englischlernern: Späte Anfänger erwarben die neue Sprache schneller als jüngere Anfänger.
Ältere Schüler wissen tendenziell mehr über sich selbst und die Welt und können dieses Wissen nutzen, um neue Informationen zu verarbeiten.
Gehirnleistung junger Erwachsener
Für die israelischen Forscher könnten die jungen Erwachsenen, die an ihrem Experiment teilnahmen, von den Fähigkeiten profitiert haben, die mit dem Alter einhergehen, wie zum Beispiel fortgeschrittenere Problemlösungsstrategien und größere sprachliche Kompetenz.
Mit anderen Worten: Ältere Schüler wissen tendenziell mehr über sich selbst und die Welt und können dieses Wissen nutzen, um neue Informationen zu verarbeiten.
Jüngere Kinder zeichnen sich dagegen durch implizites Lernen aus: Sie hören Muttersprachlern zu und imitieren sie. ABER diese Art des Lernens erfordert viel Zeit mit Muttersprachlern zu verbringen.
Sind Erwachsene nicht in der Lage so zu lernen? Klar, meistens mangelt es jedoch an Zeit um diese Methode anzuwenden. Gleich aber noch mehr dazu.
Wie das Lernen bei Babys funktioniert
Wir alle fangen als natürliche Linguisten an. Als Babys können wir die verschiedensten Konsonanten und Vokale hören. Im ersten Jahr beginnt unser Gehirn, sich zu spezialisieren und sich auf die Geräusche einzustellen, die wir am häufigsten hören.
Babys brabbeln bereits in ihrer Muttersprache. Sogar Neugeborene schreien mit einem Akzent, der die Sprache imitiert, die sie im Mutterleib gehört haben. Interessant, nicht?
Diese Anpassungsfähigkeit bedeutet aber auch, dass wir Fähigkeiten eliminieren, die wir nicht brauchen: Japanische Babys können zwar leicht zwischen „l“- und „r“-Lauten unterscheiden, aber für japanische Erwachsene ist es schwieriger, da die Fähigkeit nicht gebraucht wurde.
Es besteht kein Zweifel daran, dass die ersten Jahre für den Erwerb der eigenen Sprache entscheidend sind. Studien mit verlassenen oder isolierten Kindern haben sogar gezeigt, dass wir, wenn wir die menschliche Sprache nicht früh erlernen, dies später nicht leicht nachholen können.
Der Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen
Ein lebenslanger Prozess
Eine Studie, die auf einer Online-Befragung von fast 670.000 Personen basierte, fand heraus, dass man im Alter von 10 Jahren am besten die englische Grammatik lernen kann, danach nimmt diese Fähigkeit ab.
Die Studie zeigte aber auch, dass wir uns in Sprachen – auch in unserer Muttersprache – mit der Zeit weiter verbessern können.
Wusstest du das auch Muttersprachler bis ins mittlere Alter etwa ein neues Wort pro Tag in ihrer eigenen Sprache lernen?
So fand man zum Beispiel heraus, dass viele die Grammatik der eigenen Sprache erst mit etwa 30 Jahren vollständig beherrschen.
Der Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen
Wir haben schon am Anfang gesehen, dass beide Gruppen Vor- und Nachteile beim Sprachenlernen haben. Wenn wir genauer hinschauen bemerken wir auch, dass das Leben von Kindern völlig anders ist, als das von Erwachsenen.
Man kann die Sprachfähigkeiten von Kindern und Erwachsenen also eigentlich nicht vergleichen.
Ein Beispiel:
Eine Familie zieht nach Deutschland. Und es passiert, dass die Kinder viel schneller Deutsch lernen als ihre Eltern. Warum?
Kinder empfinden vielleicht ein größeres Gefühl der Dringlichkeit, da das Beherrschen der Sprache entscheidend für ihr soziales Überleben ist: Freunde finden, akzeptiert werden, sich anpassen.
Ihre Eltern hingegen haben eher die Möglichkeit, mit Menschen in Kontakt zu kommen, die sie verstehen, wie z.B. andere Einwanderer.
„Das Schaffen einer emotionalen Bindung ist das, was einen beim Sprachenlernen besser macht“, sagt ein Forscher auf diesem Gebiet.
Aber auch Erwachsene können diese emotionale Bindung aufbauen, und zwar nicht nur durch Liebe oder Freundschaft mit einem Muttersprachler.
Eine Studie aus dem Jahr 2013 über britische Erwachsene, die mit dem Erlernen der italienischen Sprache begannen, ergab, dass diejenigen, die durchhielten, durch Bindungen zu anderen Schülern und dem Lehrer unterstützt wurden. Wenn man Gleichgesinnte findet, ist es wahrscheinlicher, dass man eine Sprache weiter lernt. Und das ist wirklich der Schlüssel. Da man Jahre damit verbringen muss, Deutsch zu lernen, geht das nur durch soziale Motivation.
Jeder kann Deutsch lernen. Oder generell eine neue Sprache. Die Fähigkeiten sind da. Wenn man allerdings eine Ausrede sucht etwas nicht zu tun, dann wird man sie immer finden.
Vielleicht sollte man zuerst beginnen die richtigen Gründe für ein WARUM zu finden.
35 Gründe warum man Deutsch lernen sollte habe ich in einem Blogpost bereits zusammengefasst.
Welche Erfahrungen hast du mit dem Sprachen lernen gemacht? In welchem Alter hast du mit dem Deutsch lernen begonnen?
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Mit dem Aussprachetraining von DeinSprachcoach kannst du noch mehr wie ein Muttersprachler klingen.
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